Richtig atmen
- Stefan Jungbluth
- 30. Okt.
- 3 Min. Lesezeit

Stell dir vor, du hättest eine kostenlose Medizin in dir immer verfügbar, jederzeit einsetzbar, völlig natürlich. Sie beruhigt dein Nervensystem, stärkt dein Herz, verbessert deinen Schlaf und kann sogar dein Immunsystem aktivieren. Diese Medizin ist dein Atem. Doch die meisten Menschen nutzen ihn falsch.
Warum wir das Atmen verlernt haben
Vielleicht hast du schon einmal von Breathwork gehört, ein Trend, der durch die sozialen Medien geht. Ob es die Wim-Hof-Methode ist oder Lehrer wie Dan Brulé, überall tauchen Atemübungen auf, die versprechen, Stress zu lösen, Energie zu schenken und das Bewusstsein zu erweitern. Doch während viele Menschen spezielle Atemtechniken üben, vergessen sie den wichtigsten Punkt überhaupt. Wie atmest du eigentlich im Alltag? Die meisten atmen unbewusst und oft durch den Mund. Das klingt harmlos, hat aber tiefgreifende Folgen für Körper und Geist.
Mundatmung der stille Energieräuber
Wenn du durch den Mund atmest nimmst du zwar Luft auf, aber du verlierst dabei entscheidende Vorteile. Dein Körper bekommt weniger Sauerstoff, dein Nervensystem bleibt in Alarmbereitschaft, und du bist anfälliger für Stress, Müdigkeit und Schlafprobleme.
Viele Menschen fühlen sich dauerhaft erschöpft, ohne zu ahnen, dass die Ursache buchstäblich unter ihrer Nase liegt.
Nasenatmung das vergessene Superwerkzeug
In seinem Buch „Breath“ beschreibt der Journalist James Nestor eindrucksvoll, wie stark sich die Art des Atmens auf Gesundheit und Wohlbefinden auswirkt. Er nennt die Nasenatmung die „natürliche Medizin des Körpers“. Und das aus gutem Grund. Hier sind
, die du bekommst, wenn du regelmäßig durch die Nase atmest.
1. Filter & Schutz – deine natürliche Klimaanlage
Die Nase ist nicht nur zum Riechen da. Sie filtert Staub, Bakterien und Schadstoffe, befeuchtet die Luft und bringt sie auf Körpertemperatur. Das schützt deine Lunge und reduziert Infekte deutlich.
2. Ruhe im Nervensystem
Durch die Nase atmest du automatisch langsamer und tiefer. Das aktiviert den Parasympathikus, den Teil deines Nervensystems der für Entspannung, Regeneration und Heilung zuständig ist. Mit anderen Worten: Nasenatmung schaltet Stress ab.
3. Mehr Energie
Paradox, aber wahr: Langsamer atmen heißt besser versorgt sein. Denn Nasenatmung verbessert den Gasaustausch im Körper. So gelangt mehr Sauerstoff wirklich in die Zellen und du fühlst dich wacher, fokussierter und lebendiger.
4. Besserer Schlaf
Menschen, die nachts durch den Mund atmen, schnarchen häufiger, haben unruhigen Schlaf und wachen erschöpft auf. Nasenatmung sorgt für ruhigere Nächte und echte Erholung.
5. Gesunde Entwicklung – besonders bei Kindern
Bei Kindern beeinflusst Mundatmung das Wachstum von Gesicht, Kiefer und Zähnen. Langfristig kann das sogar zu Fehlstellungen führen. Regelmäßige Nasenatmung fördert dagegen eine natürliche, gesunde Entwicklung.
6. Natürliches Heilgas
Nur beim Atmen durch die Nase entsteht Stickstoffmonoxid, ein Molekül, das Herz, Lunge und Immunsystem stärkt. Es verbessert die Durchblutung, hemmt Entzündungen und hilft deinem Körper, Krankheitserreger abzuwehren.
Wie du die Nasenatmung wieder trainierst
Wenn du bemerkst, dass du oft durch den Mund atmest, keine Sorge. Das ist nichts Ungewöhnliches. Viele Menschen haben sich das unbewusst angewöhnt. Die gute Nachricht: Du kannst es jederzeit verändern. Beginne damit, dich im Alltag einfach achtsam zu beobachten. Wie atmest du gerade, durch den Mund oder durch die Nase? Sobald du es bemerkst, schließe sanft den Mund, entspanne den Kiefer und spüre, wie die Luft ruhig durch die Nase einströmt.
Manchmal hilft ein kleiner äußerer Impuls, um den Körper neu zu trainieren. Dafür gibt es spezielle Mouth Tapes, die du dir auf den Mund kleben kannst, um die Nasenatmung zu fördern. Setze sie zunächst tagsüber für 10 bis 15 Minuten ein. Ein kurzer Spaziergang, etwas Lesen oder Entspannen reicht völlig. Wenn du dich daran gewöhnt hast, kannst du sie einmal bei einem Nickerchen ausprobieren. Und wenn du dich damit wohlfühlst, dann auch über Nacht.
Am Anfang mag sich das fremd anfühlen, doch schon nach wenigen Tagen beginnt dein Körper, sich zu erinnern, wie natürlich das Atmen durch die Nase eigentlich ist. Du wirst ruhiger, klarer, präsenter. Erinnere dich immer wieder an diesen Satz: Ruhiger Atem – ruhiger Geist.
Ein kleiner Tipp für den Abend: Probiere vor dem Schlafengehen ein paar Minuten die 4–6-Atmung. Atme vier Sekunden lang durch die Nase ein und sechs Sekunden sanft wieder aus. Spüre, wie dein Körper loslässt, wie sich dein Geist beruhigt und du tiefer in dich selbst hineinfindest.
Fazit
Atmen ist das Erste, was du tust, wenn du geboren wirst und das Letzte, wenn du gehst. Dazwischen entscheidet es über deine Energie, deine Ruhe und dein Wohlbefinden.





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